In Kroatien werden europäische Themen von innenpolitischen Sorgen übertrumpft
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Für diesen Artikel haben wir uns bei den wichtigsten kroatischen Parteien nach ihren EU-Programmen erkundigt. Es handelt sich dabei um die Kroatische Demokratische Union (HDZ, die bei den Parlamentswahlen 40 % der Sitze gewonnen hat), die Sozialdemokraten (SDP, 28 %), die rechtspopulistische Heimatbewegung (DP, 9 %), Die Brücke (Most, konservativ, 7 %) und Wir können das! (Možemo, das kroatische Pendant zu Podemos in Spanien, 6 %). Obwohl uns in Telefongesprächen Antworten versprochen wurden, haben nur die SDP und Možemo geantwortet.
Schauen wir uns zunächst das Europaprofil der politischen Rechten an, die in Kroatien aus der HDZ (Teil der Europäischen Volkspartei), der DP und Most besteht, die, falls sie ins Parlament einziehen sollte, wahrscheinlich mit der Fraktion Identität und Demokratie zusammenarbeiten wird. Aus den uns übermittelten Informationen können wir schließen, dass das Thema „Sicherheit“ für diese Parteien bei der Europawahl oberste Priorität hat.
Die kroatische Rechte sieht in der Migration von Flüchtlingen aus kriegsgebeutelten, ökologisch oder wirtschaftlich verwüsteten Gebieten Asiens und Afrikas in erster Linie ein Sicherheitsproblem. Deshalb fordert sie die Entsendung der kroatischen Armee sowie ziviler Sicherheitskräfte an die Grenzen zu Bosnien und Serbien. Mit den üblichen Vorurteilen über „Migranten“, haben die rechten Parteien versucht die gewaltsamen Methoden zu rechtfertigen, die die kroatische Polizei in den letzten Jahren zur „Verteidigung des Territoriums“ eingesetzt hat.
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Ein tatsächliches Sicherheitsproblem dagegen sind der Krieg in der Ukraine und die russische Bedrohung. Die Rechte will dem durch eine stärkere Bewaffnung der westlichen Verbündeten, eine bessere militärische Koordinierung zwischen den EU-Ländern, eine Stärkung der kroatischen Armee und die Wiedereinführung der Wehrpflicht für Männer begegnen.
Neben der Sicherheit wollen diese drei Parteien ihren Wählern auch beweisen, dass sie die Garanten der hart erkämpften nationalen Souveränität Kroatiens sind. Vor einem Jahr hat die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) eine Reihe von korrupten HDZ-Ministern sowie die Ineffizienz der kroatischen Justiz und ihre Unterwürfigkeit gegenüber der Regierung aufgedeckt. Damit geriet die EPPO ins Fadenkreuz der Rechten, die sich den „Schutz der Souveränität“ auf die Fahne geschrieben haben.
Der Streit spitzte sich im März mit einem heftigen öffentlichen Schlagabtausch zwischen Ministerpräsident Andrej Plenković (HDZ) und der EU-Chefanklägerin Laura Kövesi zu, bei dem es um die Zuständigkeit der EPPO ging. Kroatiens neu gewählter Chefankläger Ivan Turudić (dessen Ernennung als politische Einmischung in die Justiz kritisiert worden war) hat erklärt, dass die Zuständigkeit der EPPO vollständig abgeschafft werden sollte.
Die SDP ihrerseits hat uns mitgeteilt, dass sich ihre EU-Wahlkampagne auf drei Themen konzentriert: wirtschaftliche Gleichheit, Sicherheit und Gleichheit allgemein. Ihre Vision von Europa sei eine der sozialen Gerechtigkeit und der Solidarität zwischen den EU-Ländern. Auch müsse Europa für eine bessere Gesundheitsversorgung, mehr soziale Absicherung und Bildung sorgen sowie die Jugendarbeitslosigkeit verringern und für mehr Transparenz und Verantwortlichkeit in der Politik stehen.
Ein besonderes Anliegen ist der SDP das Wohlergehen der Arbeitnehmer. Im Rahmen des Themas wirtschaftliche Gleichheit betont sie die Notwendigkeit einer höheren Kaufkraft, den Kampf gegen Armut und die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, eine bessere Regulierung der künstlichen Intelligenz, das Ziel, die Zahl der Todesfälle am Arbeitsplatz auf Null zu reduzieren, die Verkürzung der Arbeitszeit und die Beteiligung der Arbeitnehmer an Entscheidungsprozessen.
In Bezug auf die Sicherheit betont die SDP die Notwendigkeit einer besseren europäischen Zusammenarbeit von Polizei und Justiz „bei der Bekämpfung von Terrorismus, organisiertem Verbrechen, Drogen- und Waffenhandel, Cyberkriminalität, Geldwäsche und bei allen Formen der geschlechtsspezifischen Kriminalität“.
Die SDP hütet sich davor, Sicherheit mit Migration in Verbindung zu bringen und vermeidet es, die Konflikte an den Grenzen Europas auch nur zu erwähnen. Sie befürwortet die Stärkung von Europol, der EPPO und der geplanten Agentur für die Verhinderung von Geldwäsche.
Im Bereich der Gleichstellung betont die SDP die Bedeutung von „Nulltoleranz gegenüber Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie, LGBTI-Phobie und allen Formen der Diskriminierung“. Sie plant, sich für eine stärkere EU-Politik zur Gleichstellung der Geschlechter und zur Gleichstellung von LGBTI sowie für eine europäische Antidiskriminierungsrichtlinie und die Umsetzung der EU-Strategie für die Rechte von Behinderten einzusetzen.
Možemo erklärt, mit der Fraktion der Grünen zusammenarbeiten zu wollen, sollte sie ins Europäische Parlament einziehen. Das Hauptanliegen der Partei ist die Verbesserung des Lebensstandards. Sie will eine stärkere wirtschaftliche und soziale Konvergenz der EU-Länder, um die anhaltenden Ungleichheiten zwischen ihnen zu verringern. Das Thema Wohnen hat ebenfalls Priorität: „Wir werden auf größere Investitionen in bezahlbaren Wohnraum und die Verabschiedung eines entsprechenden Plans auf EU-Ebene drängen. Gleiches gilt für den Verkehr: „Wir werden uns für einen besseren öffentlichen Nahverkehr und insbesondere für eine neue Eisenbahninfrastruktur einsetzen, die sich in ganz Südosteuropa in einem desolaten Zustand befindet.“
Für Možemo bedeutet eine höhere Lebensqualität mehr menschenwürdige Arbeitsplätze, vor allem im grünen Sektor: „Wir Grünen wollen einen massiven Investitionsplan von mindestens 200 Milliarden Euro pro Jahr auf den Weg bringen für die Schaffung von neuen, sicheren und grünen Arbeitsplätzen. Wir werden in erneuerbare Energien, die Lebensmittelindustrie, den öffentlichen Nahverkehr und das Bauwesen (insbesondere die Gebäudesanierung) investieren.“
Možemo sagte uns auch, dass sie sich dafür einsetzen werden, die EU-Integration in Osteuropa, insbesondere in den postjugoslawischen Ländern, zu beschleunigen: „Wir glauben, dass die EU ihre Versprechen gegenüber den Kandidatenländern Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien, Albanien, sowie gegenüber Moldawien, der Ukraine und Georgien einhalten muss. Wir unterstützen die Bemühungen des Kosovo, ein EU-Kandidatenland zu werden. Možemo ist auch für eine „Zweistaatenlösung“, um die Voraussetzungen für Frieden in Israel und Palästina zu schaffen.
Generell unterstützt die Partei die „Verteidigung von Demokratie und Gleichheit gegen autoritäre und konservative Tendenzen“ sowie „die Verteidigung der Rechte der EU-Bürger gegen staatliche Eingriffe in die Grundrechte“. Dazu gehört die Anerkennung des Rechts auf Abtreibung als Grundrecht auf EU-Ebene, der Schutz von gefährdeten und marginalisierten Gruppen, einschließlich der LGBTQIA+". Zudem wird sie versuchen, die kürzlich verabschiedeten EU-Migrationsgesetze zu ändern, um „der Gewalt ein Ende zu setzen, sichere und legale Migrationsrouten zu ermöglichen und so die irreguläre Einreise von Drittstaatsangehörigen zu verringern“.
Dieser Artikel ist Teil des von Voxeurop koordinierten Gemeinschaftsprojekts Voices of Europe 2024, an dem 27 Medien aus der ganzen EU beteiligt sind.
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