Europa fehlt es an Krankenschwestern und Krankenpflegern: Migration von Gesundheitspersonal zwischen EU-Ländern
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Praktisch alle europäischen Länder sind mit dem gleichen Problem konfrontiert: ein zunehmender Mangel an Gesundheitspersonal, insbesondere an Krankenschwestern und -pflegern. Das zeigen die offiziellen Statistiken der WHO, der OECD und der einzelnen Länder. Das Problem besteht überall, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Es betrifft auch die Länder mit der höchsten Anzahl von Krankenschwestern und -pflegern pro Kopf in Europa, wie Finnland, Dänemark und Deutschland.
Eine gemeinsame Ursache für dieses Phänomen ist die erhöhte Lebenserwartung und die allgemeine Bevölkerungsüberalterung. Hinzu kommt, dass sich die jüngeren Generationen nicht zu dieser anstrengenden und unzureichend aufgewerteten Arbeit hingezogen fühlen.
Die Rolle der Agenturen
Besonders ernst ist die Situation in Bulgarien, Polen, Griechenland und Spanien. Im Rahmen des PULSE-Projekts (an dem Voxeurop beteiligt ist) wird ein breiteres Phänomen deutlich: Krankenschwestern und Krankenpfleger werden zunehmend von Ländern wie der Schweiz, Deutschland, Belgien, Österreich und den Niederlanden angezogen (wenn nicht gar absorbiert).
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„In Spanien werden uns erneuerbare befristete Verträge angeboten. In den Niederlanden haben wir einen festen Arbeitsplatz, eine 36-Stunden-Woche und die Garantie einer jährlichen Lohnerhöhung um 7,4 Prozent“, sagt Paloma Garzón Aguilar, eine Krankenschwester, der spanischen Tageszeitung El Confidencial.
Palomahatte ihre Heimat Kastilien-La Mancha verlassen, um auf Ibiza zu arbeiten, wo die Bedingungen im öffentlichen Sektor etwas besser waren, aber die Mieten fast unerschwinglich. „Ich wohne immer noch in einer WG, wie zu meiner Studienzeit, und ich kann kein Geld sparen, weil ich alles zum Leben ausgebe“, erklärt sie.
Da stieß sie auf Eduployment, ein Sprachtrainingsunternehmen aus den Niederlanden, das Krankenschwestern und -pflegern aus anderen Ländern nicht nur Sprachtraining, sondern auch einen Vollzeitjob bietet. „Um in den Niederlanden arbeiten zu können, brauchen Pflegekräfte aus anderen EU-Ländern gute Sprachkenntnisse, und wir vermitteln ihnen das nötige Niveau“, erklärt Selwyn Paehlig, der Geschäftsführer des Unternehmens.T
Die Kurse werden von den niederländischen Gesundheitseinrichtungen gesponsert, die für die Ausbildung künftiger Krankenschwestern und -pfleger zahlen, um dem anhaltenden Mangel an medizinischen Fachkräften zu begegnen. Die Teilnehmenden brauchen nur die Bücher zu bezahlen. „Der Grund, warum wir seit 20 Jahren mit Institutionen zusammenarbeiten, ist, dass wir mehr Personal benötigen, weil ein großer Teil der Boomer-Generation Pflege braucht“, erklärt Paehlig. Die Niederlande versuchen, dem Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich auf verschiedene Weise entgegenzuwirken: durch die Erhöhung der Zahl der Studienplätze, durch die Anhebung der Gehälter für Krankenschwestern und -pfleger (um 2,5 Prozent im letzten Jahr) und durch die Anwerbung von Pflegefachkräften aus anderen europäischen Ländern.
Im Jahr 2023 wanderten nach Angaben der Pflegeorganisation (Organización Colegial de Enfermería) 1 473 spanische Krankenschwestern und -pfleger auf der Suche nach einer Chance in ein anderes Land aus.
Die Flucht der Gesundheitsfachkräfte
Die Flucht der Gesundheitsfachkräfte ist oft multidirektional. In Ungarn wandern nach Angaben der ungarischen Berufskammer jedes Jahr 2 000 Krankenschwestern und -pfleger und 1 000 Ärztinnen und Ärzte nach Deutschland, Österreich und ins Vereinigte Königreich ab, wo sie drei- bis viermal mehr verdienen.
In Österreich kann eine Krankenschwester oder ein Krankenpfleger als Berufsanfänger*in zwischen 2.500 und 3.000 Euro verdienen, während es in Ungarn für die gleiche Arbeit rund 900 Euro sind. Inzwischen erhält Ungarn Fachkräfte aus der vom Krieg zerrissenen Ukraine, aus Serbien und zunehmend aus Südasien, wie Indien und den Philippinen.
Besonders akut ist die Knappheit in der Chronik-, Palliativ- und Altenpflege sowie in der psychiatrischen Versorgung. Hinzu kommt der Mangel an Ersatz für die in den Ruhestand gehenden Krankenschwestern und -pfleger, erklärt Zoltán Balogh, Präsident der ungarischen Kammer für Gesundheitsberufe. Deshalb „findet man in der spezialisierten Pflege keine Krankenschwestern und -pfleger unter 40 Jahren mehr“.
In Bulgarien liegt das Durchschnittsalter der Krankenschwestern und -pfleger bei 53 Jahren und das der Hebammen bei 49 Jahren. „Jedes Jahr verlassen 20 Prozent der diplomierten Pflegekräfte Bulgarien, um in anderen EU-Ländern zu arbeiten, vor allem in Deutschland, Österreich und Belgien. Viele derjenigen, die bleiben, üben ihren Beruf nicht aus, weil sie einen besser bezahlten Job bevorzugen“, erklärt Milka Vasileva, Präsidentin des Berufsverbandes der Krankenschwestern und -pfleger in Bulgarien, gegenüber Mediapool. Zu den Gründen gehören niedrige Gehälter, Arbeitsüberlastung und das mangelnde Ansehen des Berufs.
The situation is similar in Italy, where burned-out and underpaid nurses have often chosen to emigrate to neighbouring Switzerland. Italy has at least 70,000 job vacancies and it is expected that around 100,000 of Italy's 460,000 nurses will retire in the next four years.
Auch aus Italien sind erschöpfte und schlecht bezahlte Krankenschwestern und -pfleger ins Ausland gegangen, meist in die benachbarte Schweiz. Mindestens 70 000 Stellen sind unbesetzt, und in den nächsten vier Jahren werden voraussichtlich rund 100 000 der 460 000 italienischen Pflegekräfte in den Ruhestand gehen. Um die Lücke zu schließen, hat sich die Regierung von Giorgia Meloni für den „Import“ von Pflegepersonal entschieden: „Der italienische Gesundheitsminister Orazio Schillaci verhandelt über die Aufnahme von indischen Krankenschwestern und -pflegern. Die Lombardei, mit 10 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern die bevölkerungsreichste Region des Landes, konzentriert ihre Anwerbungsbemühungen auf Südamerika. Und die dem Vatikan angegliederten Gesundheitszentren planen, jährlich rund 1 000 Krankenschwestern und -pfleger von religiösen Universitäten in Entwicklungsländern anzuwerben.“
„Diese Art der Anwerbung ist unethisch“, sagt gegenüber El Confidencial Paul De Raeve, Generalsekretär der European Federation of Nurses Associations (EFN). Er hält die bilateralen Abkommen der EU zur Anwerbung von Personal aus Südamerika, Afrika und Asien für „einen Fehler“: Die Gesundheitsminister*innen sollten ihren Bestand an Arbeitskräften aus dem eigenen Land ausbauen, „indem sie die Pflege attraktiver machen“.
In der EU arbeiten derzeit etwa 4 Millionen Krankenschwestern und -pfleger. „Wir brauchen eine Million, wenn nicht sogar anderthalb Millionen mehr“.
Im Durchschnitt der EU-Länder betrug im Jahr 2020 die Zahl der Krankenschwestern und -pfleger pro 1 000 Einwohner 8,3. Die Zahlen sind von Land zu Land sehr unterschiedlich: in Finnland 13,6, in Irland 12,8, in Deutschland 12, in Luxemburg 11,7 und in Frankreich 11,3. Sie sinken auf 6,3 in Italien und 6,1 in Spanien und auf weniger als 5 in Polen, Bulgarien und Griechenland (3,4).
Dieser Artikel ist Teil des Projekts PULSE, einer europäischen Initiative zur Förderung der grenzüberschreitenden journalistischen Zusammenarbeit. Der Text wurde unter Verwendung von Material verfasst, das von El Confidencial (Héctor García Barnés Lola García-Ajofrín), Efsyn in Griechenland, HVG in Ungarn (Boróka Parászka), Mediapool in Bulgarien (Martina Bozukova), Denik Referendum in der Tschechischen Republik (Petr Jedličk) und Il Sole 24 Ore in Italien (Marzio Bartoloni) bereitgestellt wurde.
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